Peter Gabriel live in Hamburg 2023

Peter Gabriel by Nadav Kander

Big Time in Hamburg: Peter Gabriel riss mit alten Hits und vielen neuen Songs die Fans von den Sitzen

von Gérard Otremba

Auf seiner „i/o“-Tour gastierte Peter Gabriel am 12.06.2023 in der ausverkauften Hamburger Barclays Arena. Fast zehn Jahre nach seinem letzten Hamburg-Besuch bestach der einstige Genesis-Frontmann erneut durch sein außergewöhnliches  Charisma und einer knapp über zweieinhalbstunden währenden Show, die zur Hälfte aus Songs des noch nicht erschienenen Albums „i/o“ bestand. Trauen sich sonst die wenigsten, auf Tour ohne ein veröffentlichtes neues Album, aber ein Peter Gabriel kann es sich mit seinen nunmehr 73 Jahren locker leisten. Das Hamburg-Konzert begann pünktlich um 20 Uhr mit einem von Gabriel in Deutsch

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gelesenen Kurzvortrag, in dem er u.a. an den weniger guten Zustand unseres Planeten erinnerte, selbstironisch auf sein Alter einging, sich als Avatar vorstellte und das richtige Ich auf einem Strand in der Karibik wähnte, einem griechischen Gott gleich. Ein alter Scherzbold, dieser Peter Gabriel.

Peter Gabriel und Band: Meister ihres Fachs

Die deutsche Version von „Here Comes The Flood“, zunächst lediglich in Begleitung von Bassist Tony Levin, sowie die im trauten Halbrund mit  Band im vorderen Bereich der Bühne dargebrachte Variante von „Growing Up“ bildeten den Auftakt des musikalischen Reigens, vom Hamburger Publikum schon mal lautstark goutiert. Mit den ersten neuen Songs („Panopticum“, „Four Kinds Of Horses“, „i/o“) kam dann auch die visuelle Umsetzung der Songs zum Tragen, für die Peter Gabriel bei Live-Darbietungen mindestens genauso berühmt ist, wie für seine vorzügliche Musik. Mit seinen exzellenten Begleitern, Bassist Tony Levin, Gitarrist David Rhodes, Schlagzeuger Manu Katche, Keyboarder Don-E, Richard Evans an Gitarre und Flöte, Josh Shpak an Trompete, Horn, Keyboards und Backing Vocals sowie Ayanna Witter-Johnson am Cello und Gesang, spielte der 1950 geborene Gabriel all seine Routine aus und vermochte nicht nur bei seinen obligatorischen Hits die natürlich ganz und gar nicht reservierten Hamburger Fans zu begeistern.

Crowdpleaser wie „Sledgehammer“, „Big Time“ und „Don’t Give Up“

Die neuen, noch kaum bekannten Stücke wurden vom Publikum in der bestuhlten Arena sicherlich zur Zufriedenheit des Künstlers honoriert. Natürlich konnten sie im direkten Vergleich mit den absoluten Crowdpleasern wie „Digging In The Dirt“, „Sledgehammer“ (das den ersten Teil der Show nach gut 70 Minuten beendete und die Fans erstmals vehement von den Sitzen riss), „Red Rain“ und „Big Time“ nicht ganz mithalten, aber das wäre ihnen auch bei einem Konzert nach Erscheinen auf Platte nicht anders ergangen. Aber da war sowohl Düsteres, Hymnisches, Poppiges und Artifizielles dabei, ich denke, man sich getrost auf „i/o“ freuen. Ganz davon abgesehen ist „So“ nun mal das ultimative, nicht mehr erreichbare, inkommensurable Nonplusultra-Album der britischen Meisters. Und das traumhaft schöne „Don’t Give Up“ – den Kate-Bush-Part füllte Ayanna Witter-Johnson formidabel aus und heimste vollkommen zu Recht Sonderapplaus ein – rührte immer noch und wieder zu Tränen, Gänsehaut inklusive.

Weitere Peter-Gabriel-Klassiker zum Schluss

Und immer noch hüpft Gabriel beschwingt beim ewigen Klassiker „Solsbury Hill“ über die Bühne und der einst einstudierte Ausfallschritt mit Rhodes und Levin bei „In Your Eyes“ klappte noch so gut wie 1987, als ich ihn zum ersten Mal live auf dem Bieberer Berg in Offenbach sah. Am Ende verließen die Bandmitglieder wieder nacheinander und getrennt voneinander die Arena, wie immer, denn wie immer stand auch auf dieser Tour das ehrfurchtgebietende und unter die Haut gehende „Biko“ als letzte Zugabe auf dem Programm. Fazit: Großartige Songs, superbe Show, Frankfurt kann sich heute Abend freuen.       

(Beitragsbild von Nadev Khander)

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